Gefangen !

Hmmmm.." meinte Taulin. "Ich habe gerade zufällig etwas Zeit. Es wäre schon möglich, Dir zu helfen. Aber wie stellst Du Dir das eigentlich vor ? Die Nachalben sind schliesslich nicht ungefährlich. Und wenn ich mit Dir gehe sind wir zwei... und die sind ein ganzer Haufen."
"Mach' Dir da mal keine Sorgen, mein guter Taulin", entgegnete der Zwerg. "Ich habe nicht vor, die Nachtalben anzugreifen. Erstmal muss ich sie finden. Und dann sind einige aus meiner Truppe und auch andere Hüter recht interessiert daran, mit diesem Gesindel abzurechnen." Er strich mit der Hand über seine mächtige Axt und sah Taulin an. "Also, ich darf nicht viel Zeit verlieren - gehst Du mit ?"
"Ich glaube, ich könnte Dir helfen. Und gegen die Nachtalben sollte jeder bereit sein zu helfen. Also gut, Urung 'tal Samong. Ich werde mit Dir gehen."
"Gut" sprach der Zwerg, dann sollten wir aufbrechen. Gemeinsam suchten sie die Spur, die die Nachtalben zurückgelassen hatten. Urung 'tal Samong war angespannt - immer wieder lauschte er in den dichten Wald, ob etwa Geräusche von den Alben zu hören waren. Langsam verlor sich auch die eindeutige Spur, denn der weiche Waldboden, der von den Füssen der Taulin verfolgenden Nachtalben aufgewühlt war, ging langsam in eine beständige Moosfläche über. Und darauf waren kaum mehr Spuren zu entdecken. Taulin, der sich inzwischen wieder ziemlich genau orientieren konnte, lenke den Zwerg unauffällig immer tiefer in den Wald in Richtung auf das Lager. Nach einiger Zeit erkannte Taulin die Gruppe von Büschen, hinter der er sich so erfolgreich letzte Nacht versteckte. Er blickte sich um und winkte Urung 'tal Samong zu, der ein Stück weiter den Schattenwald durchsuchte. Der Zwerg kam leise auf ihn zu. "Was ist ? Hast Du was entdeckt ?" fragte er. Taulin verneinte mit einem kopfschütteln. Er flüsterte: "Nein - aber dort vorne... Ich glaube, von dort Geräusche gehört zu haben". Er deutete in den Wald, dorthin, wo sich eine Lichtung schemenhaft durch die Bäume abzeichnete. "Dann wollen wir das 'mal genauer ansehen", waren die Worte von Urung 'tal Samong, als er sich schon vorsichtig durch die Bäume in Richtung auf die freie Fläche aufmachte. Taulin schlich - ebenso vorsichtig - hinterher.

Hinter einer uralten Eiche, deren mächtiger Stamm beiden Schutz bot, lagen sie im hohen Bärengras und sahen, was vor ihnen war: das Lager der Nachtalben. Schlampig aufgestellte Zelte, deren graue Planen teilweise schon durchscheinend waren. Inmitten des Lagerplatzes ein fast herabgebranntes Feuer, das schwarzen, öligen Rauch absonderte. Um die Feuerstelle hockten drei Nachtalben und stritten sich. Im Lager selbst war es sonst ruhig. Wie aber Taulin sich dachte hatte sich doch etwas verändert: Die Wachen waren jetzt aufmerksamer. Mindenstens fünf der schuppigen Wesen patroullierten durch die Gänge zwischen den Zelten. Und sie schienen doch sehr aufmerksam zu sein, es war nichts zu merken von der für die Nachtalben typischen Nachlässigkeit und den Streitereien untereinander.

Urung 'tal Samong flüsterte: "Jetzt hab' ich sie. Das Gelände ist unübersichtlich, hier kann man ganze Brigaden von Zwergenkriegern verstecken. Und diese Gesellen sitzen wie auf dem Präsentierteller. Es sieht auch so aus, als wenn sie hier erstmal bleiben wollten....." Er wandt seinen Kopf mit einem grimmigen Grinsen zu Taulin, der wie erstarrt am Boden lag. Im gleichen Moment spürte auch er den Druck eines Speeres in seinen Rippen. Eine krächzende Stimme rief hinter ihnen: "Sieh' an, wen haben wir denn da ? Ein Zwerg und ein Elf....Was will denn einer dieses üblen kleinen Volkes hier ? Spionieren ? Hä.... Jetzt legt schön mal eure Axt auf Seite und dann steht langsam auf."  Taulin stockte der Atem. Seine Gedanken rasten. Das war ja eine kurze Freiheit - wäre er doch nicht mit dem Zwerg gegangen.

Urung 'tal Samong dagegen blickte geringschätzig zu dem Wächter der Nachtalben auf und erwiderte: "Spionieren ? Was soll bei euch denn schon so wichtig sein, um es auzuspionieren ?" Trotzdem legte er seine Axt in das Gras, denn im Moment standen die Chancen wohl schlecht, irgendetwas gewaltsames zu unternehmen, was ihn und Taulin befreien könnte. Der Nachtalb packte ihn grob am Kragen und richtete ihn auf. Das gleiche tat die zweite dunkle Gestalt, die hinter Taulin stand. "Dir wird schon noch vergehen, so zu reden. Wenn Risto der Glänzende nicht ausdrücklich verboten hätte, Gefangene anzurührern, dann würde Deine Axt Euer beider Köpfe jetzt gleich hier von Rumpf trennen. Und jetzt vorwärts - Risto wartet auf euch." Mit diesen Worten wurden Taulin und Urung 'tal Samong in Richtung des grössten Zeltes auf dem Platz gezerrt.
 


 
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